Bereich C 1 - Lernarrangements organisieren
Orientierung am ‚kooperativen Lernen’
Hier wird die inklusive Qualität des Unterrichts in dem Sinne betrachtet, dass er der Vielfalt der Schüler*innen entspricht und sowohl bei Schüler*innen als auch bei beteiligten Pädagog*innen die Möglichkeiten des vernetzten Arbeitens im Team und damit verbunden des Gestaltens als aktive Subjekte nutzt.
Nach den bisher dominierenden Formen eines konkurrierenden oder eines individualisierten Lernens wird „Kooperatives Lernen in heterogenen Gruppen“ als Lernform der Zukunft angesehen (vgl. WEIDNER 2005). Von Norm & Kathy GREEN (2006) seit den 1980er Jahren mit viel Erfolg in Ontario erprobt und von vielen Praktiker*innen aufgenommen (vgl. z.B. BOCHMANN & KIRCHMANN 2006), werden diverse förderliche Aspekte dieses Konzeptes benannt, das auf kontinuierliche, von den LehrerInnen zusammengestellte, drei bis sechs Personen starke Gruppen setzt:
„Gruppenmitglieder können effektiv zusammenarbeiten, wenn die Gruppe homogen ist, aber auch wenn Schüler mit unterschiedlichen intellektuellen Fähigkeiten oder verschiedener ethnischer Herkunft, sozialer Schicht und Geschlecht sowie Schüler mit bzw. ohne Behinderung zusammenkommen. Eine heterogene Zusammensetzung der Gruppe ist eine große Bereicherung. Sie führt zu häufigem und fruchtbarem Austausch, angemessener Berücksichtigung verschiedener Standpunkte, mehrdimensionalen Sichtweisen, einem gesteigerten Selbstwertgefühl und zu einer Vorfreude auf zukünftige lohnende und produktive Interaktionen. Es ist erwiesen, dass kooperatives Lernen eine wichtige Vorraussetzung für den Umgang mit Vielfalt in der Schule ist“ (JOHNSON, JOHNSON & HOLUBEK 2005, 97).
Grundlegend ist hier der Rhythmus der Strukturierung von Lernprozessen in den drei Schritten „Think – Pair – Share” (vgl. BOCHMANN & KIRCHMANN 2006, 30):
- Erst denkt jede Person allein über die Fragestellung nach,
- dann bespricht sie sich mit einem Partner,
- schließlich erfolgt der Austausch in der Gruppe oder im Plenum.
Darauf baut eine Vielzahl von Methoden auf, die die Erfahrung der „positiven Abhängigkeit“ (vgl. z.B. GREEN & GREEN 2005, 76) stets neu für alle Gruppenmitglieder belebt (vgl. BRÜNING & SAUM 2006, 2007, KLEIN 2002). Die Bedeutung der Mitschüler*innen für das Lernen wird immer wieder betont und hervorgehoben; insbesondere können Schüler*innen, die mit der Unterrichtssprache noch wenig vertraut sind, in dieser Konstellation profitieren (vgl. hierzu BOCHMANN & KIRCHMANN 2006, 24ff.). Gleiches gilt auch für Kinder mit Lernschwierigkeiten:
Kooperatives Lernen kann „die Schwelle für Lehrerinnen und Lehrer, sich mit integrativer Erziehung zu beschäftigen, niedriger werden lassen, da es für viele Alltagssituationen erprobte und übertragbare Gestaltungsangebote macht“ und es ein explizit „integrativer, entwicklungsorientierter Ansatz“ ist (HECKT 2006, 23).
Da lehrerzentrierter Frontalunterricht wie auch Formen des offenen Unterrichts für Kinder mit Orientierungs-, Selbstorganisations- und Lernschwierigkeiten eher überfordernd sein können, werde künftig gut strukturiertes – und damit Halt und Orientierung gebendes – Kooperatives Lernen den Offenen Unterricht in seinem Stellenwert für einen inklusiven Umgang mit Heterogenität ablösen (vgl. auch BOBAN & HINZ 2007).
Literatur
BOBAN, Ines & HINZ, Andreas (2007): Orchestrating Learning!?! – der Index fragt, Kooperatives Lernen hat Antworten. In: DEMMER-DIECKMANN, Irene & TEXTOR, Annette (Hrsg.): Inklusionsforschung und Bildungspolitik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 117-125
BOCHMANN, Reinhard & KRICHMANN, Ruth (2006): Kooperatives Lernen in der Grundschule. Zusammen arbeiten – Aktive Kinder lernen mehr. Essen: Neue Deutsche Schule
BRÜNING, Ludger & SAUM, Tobias (2006): Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Ler¬nen. Strategien zur Schüleraktivierung. Essen: Neue Deutsche Schule
BRÜNING, Ludger & SAUM, Tobias (2007): Erfolgreich unterrichten durch Visualisieren. Grafisches Strukturieren mit Strategien des Kooperativen Lernens. Essen: Neue Deutsche Schule
GREEN, Norm & GREEN, Kathy (20062): Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium. Das Trainingsbuch. Seelze: Kallmeyer
HECKT, Dietlinde Hedwig (2006): Kooperatives Lernen: Eines für alles? In: GREEN, Norm & GREEN, Kathy: Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium. Das Trainingsbuch. Seelze: Kallmeyer, 16-23
JOHNSON, David W., JOHNSON, Roger T. & HOLUBEK, Edythe (2005): Kooperatives Lernen – Kooperative Schule. Mühlheim: Verlag an der Ruhr
KLEIN, Kerstin (2002): So erklär’ ich das. 60 Methoden für produktive Arbeit in der Klasse. Mühlheim: Verlag an der Ruhr
WEIDNER, Margit (2005): Kooperatives Lernen im Unterricht. Das Arbeitsbuch. Seelze: Kallmeyer